Dass die Gewässerschau der Überprüfung der ordnungsgemäßen Unterhaltung oberirdischer Gewässer dient, konnte der Bundesgerichtshof (III ZR 54/21) herausstellen. Er führt hierzu aus, dass dann, wenn bestimmte Anlagen nicht in die Unterhaltungslast des mit der Gewässerschau beauftragten Gewässerunterhaltungspflichtigen fallen, diese auch nicht von seiner Schaupflicht erfasst werden.
Stellt eine solche Anlage aber eine ganz offensichtliche und für den Gewässerunterhaltungspflichtigen ohne Weiteres erkennbare Gefahrenquelle dar, so kann er dennoch verpflichtet sein, an der Beseitigung der (drohenden) Gefahr mitzuwirken:
Der Unterhaltungspflichtige muss auch jenseits des eigenen unmittelbaren Aufgabenbereichs tätig werden, wenn besondere Umstände dies gebieten, ohne dass dadurch die grundsätzliche Trennung der Verantwortungsbereiche verwischt wird (…) Dementsprechend kann der Gewässerunterhaltungspflichtige im Einzelfall verpflichtet sein, auf eine von oberirdischen Gewässern oder ihren Anlagen ausgehende Gefahr hinzuweisen, um auf diese Weise auf eine Änderung des Zustands hinzuwirken. Er darf seine Augen vor einer zwar nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fallenden, aber gleichwohl offensichtlichen Gefahrenquelle, bei der sich die Notwendigkeit baldiger Abwehrmaßnahmen geradezu aufdrängt, nicht verschließen … Andernfalls handelt er amtspflichtwidrig im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Bundesgerichtshof, III ZR 54/21
Wie oft ein bestimmtes Gewässer zu inspizieren ist, eine Frage, die auch strafrechtliche Relevanz haben kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Im Hinblick auf die verbreitete Formulierung, dass die Gewässer „regelmäßig zu schauen“ sind, betont der BGH, dass dies nicht bedeutet, dass alle betroffenen Gewässer auf ihrer gesamten Länge gleich häufig kontrolliert werden müssen, sondern dem Beklagten einen Ermessensspielraum eröffnet, die Häufigkeit der Überprüfung der von ihm zu unterhaltenden Gewässer an den konkreten Erfordernissen – etwa aufgrund geographischer oder hydrologischer Besonderheiten – auszurichten. So werden beispielsweise Gewässer, die zur Verlandung oder Verkrautung neigen und in der Nähe von Siedlungsgebieten liegen, insbesondere wenn sie bereits ausgeufert sind, häufiger zu beobachten sein als Gewässer, die in der Vergangenheit keine oder nur geringe Probleme bereitet haben oder außerhalb bebauter Gebiete liegen. Anlass zur Beobachtung besteht auch dann, wenn aus der Bevölkerung oder von anderer Seite Hinweise auf einen unzureichenden Wasserabfluss oder auf notwendige Unterhaltungsmaßnahmen vorliegen.