Es ist nicht Aufgabe der Strafjustiz, bereits präventiv tätig zu werden, wenn Umweltstraftaten im Raum stehen, etwa wenn fragwürdige Genehmigungen (gerade im Moment) erteilt werden. Das Thüringer Oberlandesgericht (1 Ws 481/16) macht dies deutlich, indem es ausführt, dass eine solche Erwartung nicht nur Gegenstand, sondern auch Aufgabe und Zweck des Strafverfahrens grundlegend verkennt.
Gegenstand des Strafverfahrens ist allein die Aufklärung des – in der Vergangenheit liegenden und durch die Anklage eindeutig bestimmbaren – Vorwurfs einer Straftat, verbunden mit der Aufgabe, die Wahrheit über das Vorliegen einer behaupteten oder für möglich gehaltenen Straftat einschließlich ihrer subjektiven Vorwerfbarkeit (Schuldprinzip) zu ermitteln, und mit dem Ziel, zur Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs eine dem konkreten Fall und der persönlichen Schuld des Täters angemessene Rechtsfolge zu verhängen.
Eine „objektive Rechtmäßigkeitskontrolle“ bloßen Verwaltungshandelns ist ebenso wenig Aufgabe des Strafverfahrens wie es „allein“ einen „effektiven“ Gewässer- oder Umweltschutz gewährleisten kann. Letzteres ist und bleibt naturgemäß in erster Linie Aufgabe des besonderen Verwaltungsrechts, der damit befassten (und in der Regel auch vertrauten) Fachbehörden einschließlich der Fach- und Rechtsaufsichtsbehörden sowie der Verwaltungsgerichte und – in präventiver Hinsicht – des materiellen Umweltstrafrechts. Der (spezial- und general-)präventiven Wirkung einzelner strafrechtlicher Verurteilungen wegen bereits begangener Umweltstraftaten kommt insoweit allenfalls ergänzender Charakter zu.
Ergänzend verweist das OLG auf die Kommentierung von Steindorf (LK-Steindorf, StGB, 11. Aufl., Vor § 324 Rdnr. 51), in der es heißt
„Durch die Erteilung einer Genehmigung zu einer Umweltbeeinträchtigung macht sich der zuständige Amtsträger grundsätzlich nicht strafbar, wenn die erteilte Genehmigung wirksam ist und im Rahmen des ihm zugebilligten Ermessens- oder Beurteilungsspielraums liegt. Dieser soll … nicht durch das Strafrecht eingeengt werden, um das Handeln der Umweltbehörden nicht zu lähmen. Außerdem sollen die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte nicht die Funktion einer „Superfachaufsicht“ übernehmen. …“
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